Der Nürburgring übt seit seiner Eröffnung 1927 eine große Faszination auf alle Motorsport-Fans aus, allein zum ersten Event, dem „Eifelrennen“, erschienen über 85.000 Zuschauer. Und 1934 wurde auf dem Nürburgring Geschichte geschrieben, die bis heute andauert: um das Gewichtslimit einzuhalten, kratzte das Mercedes-Team den Lack vom W25-Rennwagen – der Silberpfeil war geboren.
Diese kleine Geschichtsstunde soll zeigen: der Nürburgring war und ist etwas ganz Besonderes, ein echtes Kulturgut, dass es zu bewahren gilt. Doch ab dem 1. Januar 2015 kann und wird sich vieles rund um den Nürburgring und die weltberühmte Nordschleife ändern. Der Düsseldorfer Automobilzulieferer Capricorn hat den Nürburgring für 77 Millionen Euro gekauft und große Investitionen angekündigt.
Wer ist Capricorn?
Capricorn ist ein Automobilzulieferer und hat sich auf die Bedienung von Rennställen im internationalen Motorsport spezialisiert. Ein Teil der Mitarbeiter arbeitet bereits in Reichweite des Nürburgrings. Capricorn hat bereits angekündigt, sämtliche Strukturen, Angebote und Infrastruktur auf den Prüfstand stellen zu wollen. Ein erklärtes Ziel von Capricorn ist, am Nürburgring einen Automobil-Technologieschwerpunkt zu entwickeln.
Vielerorts herrscht große Euphorie, dass ab dem 1. Januar 2015 der Nürburgring eine eierlegende Wollmichsau wird. Ich sehe das etwas kritischer.
Beispiel 1: der Rückbau des ring°centers. Das ring°center ist eine hochmoderne Anlage, umgeben von hochwertigen Hotels und einer großen Multifunktionsarena. Das Potential des gesamten Centers ist groß, aber leider nie komplett ausgeschöpft worden. Capricorn möchte große Teile des Centers zurückbauen, auch die Achterbahn ring°racer fällt dem Rotstift zum Opfer. Darüber hinaus soll das Erlebnisdorf „Grüne Hölle“ komplett schließen. Damit verliert der Nürburgring nicht nur attraktive Event-Locations, sondern viele Menschen auch ihren Job.
Beispiel 2: Entwicklung eines Automobil-Technologieschwerpunkts. Mit der Privatisierung des Nürburgrings und dem Fokus auf die Automobil-Entwicklung befürchte ich, dass sowohl die Grand-Prix-Strecke als auch die Nordschleife immer seltener für Touristenfahrten zur Verfügung stehen und mittelfristig gar nicht mehr befahrbar sind.
Beispiel 3: das Ende von Rock am Ring. Kaum war Capricorn am Ruder, wurde das größte und wichtigste Musik-Festival Deutschlands gnadenlos vom Nürburgring verbannt. Nicht zuletzt auch durch Rock am Ring erlangte der Nürburgring weltweit große Bekanntheit. Dieses traditionsreiche Festival, bereits seit 1985 am Ring, soll künftig durch ein eigenes Festival ersetzt werden. Die ganze Entwicklung zeigt uns, dass Capricorn keinen großen Wert auf Emotion und Tradition legt.
Diese drei Beispiele zeigen eines ganz deutlich: Capricorn hat keine Skrupel, etablierte und traditionsreiche Veranstaltungen am Nürburgring zu canceln oder Infrastruktur zurückzubauen. Dies vergrößert bei mir die Sorge, dass der Nürburgring seinen Status als öffentliches Kulturgut verliert und künftig nur noch Unternehmen mit großem Geldbeutel offen steht.
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Es ist zwar traurig, dass das Unternehmen so vorgeht und die angesprochenen Änderungen, wie in den Beispielen angesprochen, vornimmt. Aber ich denke, das Unternehmen muss in erster Linie mal wirtschaftlich denken und pfeift deshalb auf Emotionen und Traditionen. 77 Millionen sind ja auch eine Menge Geld, auch wenn vorher schon 500 Millionen Euro geflossen sind, aber das kann man dem Unternehmen ja nicht anlasten.
Ich finde es aber genauso wichtig, dass der Nürburgring als kulturelles Gut erhalten bleibt, also als Rennstrecke – auch wenn dies bedeutet, dass man hier auf einige Traditionen verzichten muss…
Ob der Nürburgring wirklich eine eierlegende Wollmilchsau wird wage ich aber zu bezweifeln. Aber Veränderungen müssen nicht immer schlecht sein. Ich bin Optimist und sehe deshalb mal positiv in die Zukunft.