Sind es tatsächlich ihre guten Kontakte nach Brüssel? Oder kann sie gar in die Zukunft schauen?
Die EU-Kommission wird den Verkauf des insolventen Nürburgrings vor rund einem halben Jahr nach Ansicht der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) durchwinken. „Ich habe keine Veranlassung zu glauben, dass die EU-Kommission dem Kaufvertrag mit Capricorn nicht zustimmen wird“, wird Dreyer in den Medien zitiert. Die Sanierer des Rings hätten den Verkaufsprozess eng mit der Kommission abgestimmt. Die Landesregierung hält nach Dreyers Angaben engeren Kontakt mit Brüssel, als es unter ihrem Vorgänger Kurt Beck der Fall war. „Für mich war das von Anfang an klar, dass ich das anders machen werde.“
Zwei Dinge sind an diesen Aussagen bemerkenswert. Erstens, Dreyers Vorgänger, Kurt Beck, muss es völlig egal gewesen sein, ob der ganze Deal EU-konform war. Hauptsache, weg mit dem Nürburgring. Frau Dreyer grenzt sich mit deutlichen Worten von ihrem Vorgänger ab. Sie gibt damit indirekt zu, dass die damalige Regierung die Sache mit Brüssel verbockt hat. Dabei hat jedes Bundesland in Brüssel ein Büro. Wie Konzerne und Verbände betreiben auch Landesvertretungen Lobbyarbeit für ihre eigenen Interessen. Es wäre also sehr einfach gewesen, sich von den Kollegen im Europaviertel auf mögliche Einwände der Europäischen Kommission einzustellen. Oder funktioniert das Mainzer Büro in Brüssel doch und weiß die Landesregierung etwa schon länger von den Bedenken der EU-Wettbewerbshütern? Wundern würde mich das nicht.
Schaden vom Land abzuwenden ist Teil des Amtseids, den ein Ministerpräsident leisten muss. Könnte bei Beck grandios danebengegangen sein.
Rückblende: Im Frühjahr dieses Jahres hatte der Autozulieferer Capricorn den traditionsreichen Nürburgring in der Eifel für 77 Millionen Euro gekauft. Weil sich die Entscheidung der EU-Kommission zur Rechtmäßigkeit früherer Staatsbeihilfen und zu Beschwerden unterlegener Mitbewerber beim Verkaufsprozess hinzieht, verschob die Capricorn Nürburgring GmbH die Zahlung einer zweiten Rate. Das Geld soll fließen, wenn Brüssel entschieden hat – dies wird für diesen September erwartet.
Daher zweitens: Die Zurückhaltung Capricorns bei der zweiten Rate macht keinen Sinn. Denn laut Frau Dreyer ist doch alles mit der Europäischen Kommission abgestimmt. Niemand müsste demnach auf irgendjemanden warten, wenn alles so klar ist.
Oder will sich Capricorn überhaupt noch am Nürburgring engagieren? Sucht das Unternehmen vielleicht bereits heute Wege aus einer Sackgasse, die es erst jetzt erkannt hat?
Die Regierungschefin sieht den Verkauf nicht in Gefahr. „Ich habe bislang sowohl die Insolvenzverwalter als auch den neuen Erwerber Herrn Wild als verlässliche Partner erlebt“, sagte Dreyer. Das hätte Kurt Beck nicht besser sagen können.